Alles begann im April 2019 mit einer Absage. Die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der digitalen Medizin hatte mich so fasziniert, dass ich mich kurzentschlossen auf die Stelle des “Medical Directors” in einem medizinischen Start-up-Unternehmen bewarb. Ich wollte dabei sein, der Medizin eine neue, digitale Richtung zu geben. Natürlich war es nicht überraschend, dass ich als Kinderärztin mit ausschließlich praktischer Erfahrung und einer über 30 Jahre zurückliegenden Ausbildung zur Industriekauffrau das Anforderungsprofil nicht erfüllt habe und den Posten nicht bekam.
An einem Samstag im Mai 2019 begann ich umzudenken. Ich hatte meine Tochter zu einer Feier ihrer Freundin begleitet und ich kannte nur wenige Leute dort. Nachdem meine übliche Schüchternheit in fremden Kreisen überwunden war, fand ich mich in einem spannenden Gespräch mit einer interessanten Frau wieder. Sie berichtete, dass sie Mitgründerin einer App für Schwangere sei. Das Konzept ihres digitalen Gesundheitsangebots für Schwangere hat mich sehr beeindruckt und eine Idee nahm Form an. Würde es Sinn ergeben, ein eigenes digitales Projekt zum Thema “Kindergesundheit” auf die Beine stellen?
In den folgenden Monaten schwirrten in meinem Kopf die verschiedensten Ideen zu digitalen Beratungs- und Lehrangeboten zum Thema Kindergesundheit herum. Nach vielen Jahren der ärztlichen Tätigkeit in Schweden habe ich gemerkt, dass bei uns in Deutschland mehr gesundheitliche Aufklärungsarbeit geleistet werden muss. Wie erklärt sich sonst, dass hier so viele Kinder wegen einfacher Infekte und leichter Unpässlichkeiten dem Arzt vorgestellt werden? Das kannte ich nicht aus Schweden und es war ein Antrieb für mein Vorhaben. Eine konkrete Idee für “(m)eine App” rund um die Kindergesundheit mit dem Namen “Rock My Health” nahm Form an, und ich habe sie schließlich in einem umfassenden “Business-Plan” zusammengestellt.
Kurz danach ist diese Webseite entstanden. Mit geringen finanziellen Mitteln und noch weniger technischem “Know-How” konnte ich auf diesem einfachen Weg direkt beginnen, meine Gedanken zu verschiedenen kindermedizinischen Themen zu sammeln, während die “Vorbereitungen” für mein “App-Projekt” liefen. Hierbei bemerkte ich jedoch rasch, wie zeitaufwendig das Ganze werden würde. Ich bemerkte, dass ich diese Zeit nicht habe. Ich bemerkte, dass ich keine Geschäftsfrau bin. Ich bin Kinderärztin! Die Kontakte, die ich in dieser aufregenden Zeit mit Leuten aus der “Business-Welt” hatte, haben mir gezeigt, dass ich nicht dorthin gehöre. Ich gehöre in die kinderärztliche Praxis …
Gehöre ich in die “eigene Praxis”? Ein Gedanken, den ich lange weggeschoben habe. Unser familiärer Lebensplan sieht eigentlich anders aus. Er sieht ein “flexibles” Arbeiten in Stockholm und Berlin vor (hier kannst du mehr darüber erfahren). Mittlerweile fällt es mir aber deutlich schwerer, immer wieder von vorne anzufangen und mehrjährig aufgebaute, wertvolle Patientenkontakte aufzugeben. Das möchte ich nicht mehr! Nun nehme ich mir die Zeit, in meinem vorerst letzten längeren Schwedenaufenthalt, diese Webseite mit kindermedizinischem Inhalt zu füllen. Inhalt, der auch meinen zukünftigen Patient:Innen und deren Familien (in der eigenen Praxis?) zu Nutze kommen könnte.
Praktische ärztliche Tätigkeit
Die Schulzeit
Wer an meinem klassischen Werdegang interessiert ist, den möchte ich nicht enttäuschen. Ich bin seit 2010 Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und habe in den letzten Jahren für einen privaten Gesundheitskonzern in Berlin eine kinderärztliche Praxis mit neu aufgebaut. Seit Juli 2021 arbeite ich wieder als Kinder- und Jugendärztin in Schweden.
Dass ich in der vierten Klasse eine Vier sowohl in Deutsch als auch in Mathematik auf dem Zeugnis hatte und die Grundschule mit einer Hauptschulempfehlung verlassen habe, zeigt, dass mein Weg nicht immer ganz eben verlaufen ist und ich Einiges an Motivation und Willensstärke aufbringen musste, um meine Ziele zu erreichen.
Die Industriekauffrau
Das Medizinstudium
Die Zeit zwischen Abitur und Studienbeginn habe ich mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau bei einer großen deutschen Technikfirma überbrückt. Man könnte sich fragen, warum denn Industriekauffrau, wenn man Medizin studieren möchte. Einfache Antwort: Ich hatte damals sehr konkrete Vorstellungen, was ich einmal machen wollte und ich wollte genau bei dieser Firma im Bereich Medizintechnik tätig werden. Ihr wisst, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm …
… denn schon mein Vater war in dieser Firma beschäftigt. Die Gesundheitsversorgung mit modernen, innovativen Techniken und Lösungsvorschlägen neu zu gestalten hat mich schon immer fasziniert. Ein abgeschlossenes Medizinstudium mit praktischer Erfahrung bietet, meiner Meinung nach, eine deutlich bessere Grundlage mitreden zu können, als nur theoretisch ausgebildet zu sein. Theoretiker gibt es wahrlich genug!
Das Pflegepraktikum
Die Arbeit in Schweden
Meine Ziele änderten sich jedoch rasch und unerwartet, nachdem ich mein erstes Pflegepraktikum in einer Kinderklinik absolviert hatte. Die klinische Tätigkeit begeisterte mich so, dass ich alle meine Pläne über den Haufen warf und von nun an nur noch Kinderärztin werden wollte. So ist es dann auch gekommen.
Aus privaten Gründen hat es mich 2004 zum ersten Mal nach Schweden verschlagen und ich habe die Art der Schweden “Medizin zu machen” lieben gelernt. Leider bekomme ich nach ein paar Jahren in Schweden immer Heimweh und aus diesem Grund arbeite ich phasenweise mal in Berlin, mal in Stockholm.
Die Arbeit in Schweden
Begonnen habe ich meine medizinische Laufbahn in einer Kinderklinik in Brandenburg. Nach dem AiP (Arzt im Praktikum) sind wir in den Norden von Schweden gezogen und in der örtlichen Kinderklinik habe ich die ersten Jahre meiner “Assistenzarzt-Zeit” verbracht. Die Ausbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin habe ich dann in einer Berliner Kinderklinik abgeschlossen.
Kurz nach meiner Facharztprüfung hat es die Familie wieder nach Schweden verschlagen. An der Universitäts-Kinderklinik in Stockholm war ich mehrere Jahre im ambulanten Sektor tätig. Wie oben schon erwähnt, habe ich von 01/2017 bis 06/21 hausärztlich als angestellte Kinder- und Jugendärztin für ein privates Gesundheitsunternehmen in Berlin gearbeitet und war u.a. für den Neuaufbau einer Kinderarztpraxis mitverantwortlich.