Die Kündigung, der Umzug und der Familienzuwachs

Eine turbulente Zeit liegt hinter mir. Daher war es auch mucksmäuschenstill auf all meinen Kanälen.

In den letzten Monaten hat sich sowohl privat als auch beruflich einiges bei mir verändert.

Die Kündigung

Ich habe im Sommer meine Anstellung in der Berliner Kinderarztpraxis schweren Herzens gekündigt und bin mit meiner Familie – wieder einmal – nach Schweden gezogen.

Meine Kündigung hat einige der Eltern meiner Patient:Innen überrascht. Unsere „spezielle“ familiäre Situation hat mir aber keine andere Wahl gelassen. Ich hatte hier schon einmal darüber geschrieben, dass man Mann in Stockholm auf einer Intensivstation arbeitet und es in Zeiten der Pandemie für unsere Familie zunehmend schwerer wurde, das Familienleben auf Entfernung aufrecht zu erhalten. Der Entschluss zur Kündigung ist mir sehr schwer gefallen.

Ein Dankeschön

Zunächst möchte ich aber die Gelegenheit nutzen, um mich auch auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich bei allen Patient:Innen, Eltern und meinem Praxisteam zu bedanken, die mir in den letzten Jahren großes Vertrauen entgegengebracht haben und mich beim Neuaufbau der Praxis unterstützt haben. Ich weiß, dass einige von Ihnen/euch mir hier folgen und das freut mich sehr. Gemeinsam sind wir durch turbulente Zeiten gegangen. Der Umzug in die neuen Praxisräume, das neue Praxispersonal, die neuen Sprechzeiten und Praxisabläufe sowie die ständigen personellen Engpässe haben uns allen in den letzten vier Jahren einiges abverlangt.

Daher tut es mir besonders leid, dass ich durch mein Fortgehen erneut Unruhe in den Praxisalltag gebracht habe. Umso mehr freue ich mich aber darüber, dass mittlerweile drei kompetente Kolleginnen mit großem Engagement die Betreuung „meiner“ Patient:Innen übernommen haben und ich „meine“ Patient:Innen in sehr guten Händen weiß :-).

Und wie ging es denn nun nach der Kündigung weiter?

Nach der Kündigung sind meine Kinder und ich Anfang Juli wieder zu meinem Mann nach Schweden gezogen, und ich habe dort in einer kinderärztlichen „Mottagning“ (Kinderarztpraxis) zu arbeiten angefangen.

Für mich war es der dritte Umzug und Neuanfang in Schweden. Mir ist es nie zuvor so schwer gefallen, diesen Schritt zu machen.

Während die ersten beiden Neustarts in Skandinavien sich familiär und beruflich als unproblematisch erwiesen haben, war der jetzige in vielerlei Hinsicht eine große Herausforderung.

Die Herausforderung

Das liegt zum einen daran, dass meine Kinder mittlerweile älter und nicht mehr so einfach „umzusiedeln“ sind. Zum anderen liegt es daran, dass ich beruflich – wie sich retrospektiv herausstellte – eine Fehlentscheidung getroffen habe.

Nachdem ich in den letzten Jahren mit viel zeitlichem und emotionalem Einsatz an dem Neuaufbau der Kinderarztpraxis in Berlin beteiligt war, bin ich in Schweden prompt wieder in einem „Aufbauprojekt” gelandet. Das führte dazu, dass ich schon unmittelbar nach dem Umzug und Aufnahme meiner Tätigkeit Heimweh nach meinem wundervollen Praxisteam in Berlin, meinen Patient:Innen und meiner etablierten Praxisarbeit bekommen habe ;-( .

Der Hund

Mit Heimweh kann ich umgehen. Dass dieses aber schon unmittelbar nach dem Umzug kommt, ist für mich ungewöhnlich und fühlte sich falsch an.

Hinzu kam, dass ich mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllt habe und wir ein neues “Familienmitglied” haben. Wir haben einen Hund! Um genau zu sein – wir haben einen Golden Retriever. Er heißt Zizou, ist 5 Monate alt und kam als kleiner Welpe zu uns.

Zizou hat mich in den letzten Monaten ordentlich herausgefordert. Er ist ein kleiner, „rüpelhafter“, selbstbewusster Rüde, der mich an meine Grenzen geführt und mich teilweise in tiefe Verzweiflung gestürzt hat. Das hört sich dramatisch an und genauso habe ich unsere ersten gemeinsamen Wochen auch empfunden. Das Leben mit einem Welpen hatte ich mir anders vorgestellt. Als der kleine Raufbold schließlich anfing, Plätze und Dinge, die nicht für ihn bestimmt waren, zu verteidigen und nach den Kindern und mir zu schnappen und uns für jede “Kleinigkeit” anzuknurren, fühlte ich mich phasenweise sehr hilflos.

Ein kleiner Vergleich

Verzeihe mir! Ich weiß, man soll Hunde nicht mit Kindern vergleichen, aber erzogen werden müssen beide. Aus diesem Grund gestatte mir einen kleinen Vergleich.

Während ich bei meinem Kindern zumindest in den Jahren bis zur Pubertät immer eine mütterliche Intuition hatte und (meist) wusste, was zu tun war, fehlte mir diese – naturgemäß – bei unserem Hund.

Was macht man in einer solchen Situation? Man liest Ratgeber, googelt, bucht sich Coaching-Stunden, besucht Welpenschulen und holt sich Rat bei Freunden, Bekannten und Verwandten. All dieses hatte ich – ohne viel nachzudenken – auch gemacht. Die Fülle an Informationen führte jedoch bei mir zur völligen Verwirrung und Überforderung.

Die Unsicherheit

Letztendlich war ich so verunsichert durch die zum Teil komplett gegensätzlichen Informationen und gutgemeinten Ratschläge, dass ich gar nicht mehr wusste, wie ich mich meinem Hund gegenüber verhalten sollte. Das hat der pfiffige Kerl selbstverständlich sofort gespürt und schamlos ausgenutzt.

Das Bauchgefühl

In meiner Verzweiflung habe ich mich an meine Hundezüchterin gewandt. Ich sagte ihr, dass ich mich wie ein schlechtes „Frauchen“ fühle, nicht mit meinem Hund klarkomme und völlig überfordert sei. Und in dem Moment fiel es mir auf! Getrieben durch den Wunsch alles „richtig“ im Umgang mit meinem Welpen machen zu wollen, habe ich mich von allen Seiten beeinflussen lassen und vergessen, auf die Kombination von gesundem Menschenverstand und meinem Bauchgefühl zu achten. Die Worte meiner Züchterin klangen erschreckend ähnlich den Empfehlungen, die ich jungen und unerfahrenen Eltern mit auf dem Weg gebe. Mach Schluss mit (Dr.) Google, höre auf deine innere Stimme und lasse dich nicht von all den gutgemeinten Ratschlägen aus deiner Umgebung verunsichern. Versuch deinen eigenen Weg zu finden. 

Mir ist bewusst, dass der Vergleich für all diejenigen, die mit Hunden nichts anfangen können, hinkt. Aber ich bin mir sicher, die “Anderen” verstehen bestimmt genau, was ich sagen möchte. Ich hoffe, keiner nimmt mir diesen kleinen Vergleich hier übel.

Das Schlusswort

Der Hund und ich sind mittlerweile dicke Freunde geworden. Wir besuchen den Online-Vorbereitungskurs zur Ausbildung zum Therapiehund an der schwedischen Therapiehundschule (“svensk terapihundskola”). Ich habe aufgehört, verschiedene Hundethemen zu googeln und höre nur noch auf die Leute, die meiner Meinung nach mit ihrem Hund einen guten gemeinsamen Weg gefunden haben. Die Ratschläge der Anderen ignoriere ich mittlerweile gekonnt. Unterschiedliche Ansätze und Meinungen kann ich zur Kenntnis nehmen, ohne dass sie mich verunsichern.

Langsam kommt wieder Ruhe in unser Leben. Die Kinder integrieren sich und fangen an, sich in Schweden wohl zu fühlen. Meine neue Arbeitsstelle, die für mich nie funktioniert hat, habe ich im Oktober gekündigt, und ich fange demnächst in einer etablierten kinderärztlichen Praxis an zu arbeiten. 

Es ist an der Zeit, wieder mit dem Schreiben für meine Webseite zu beginnen. Hast du kindermedizinische Themen, die dich interessieren, lass es mich wissen und schick mir eine Nachricht. Ich freue mich über Anregungen.